Wo geht’s zum Königstor?

Königs­tor, wo ist das denn? Der Stadt­plan hilft zwar nicht weiter, aber die Berli­ner sind ja nicht von gestern — obwohl das in diesem Fall von Vorteil wäre, denn das Königs­tor ist ein Relikt aus einer längst vergan­ge­nen Zeit, als wir nämlich noch einen König hatten und ein Schloss mitten in der Stadt.

Nahe dem Schloss lag der Schloss­platz (nicht dort, wo er heute ange­nom­men wird, am Spree­arm zwischen der Werder­straße und Unter den Linden, das war nämlich die Schloss­frei­heit, sondern an der Brei­ten Straße). Von dort also führte die König­straße zu den Land­gü­tern im Barnim, entlang der heuti­gen Rathaus­straße. Vor dem Alex­an­der­platz, also noch inner­halb der Stadt­mau­ern, passierte die Straße die Königs­ko­lon­na­den, die heute den Eingang des Kleist­parks in Schö­ne­berg zieren.

Von dort aus erreichte der König dann das nach ihm benannte Tor, das sich an der heuti­gen Kreu­zung Otto-Braun- / Greifs­wal­der Straße / Am Fried­richs­hain befand. Beson­ders könig­lich sah es nicht aus, wie die Zeich­nung aus dem Jahr 1809 zeigt. Vorbei an den Ausläu­fern der Wollank­schen Wein­berge verschwand die Kutsche dann in der Sand­wüste, die entstan­den war, weil die Berli­ner Bauleute den Wald gnaden­los abge­holzt hatten, ohne sich um die Auffors­tung zu kümmern.

Berlin hatte seiner­zeit, vor 200 Jahren, bereits seine zweite Stadt­mauer, 17 Tore führ­ten in die Stadt. Nur eines davon steht heute noch, das Bran­den­bur­ger Tor, Wahr­zei­chen der wieder­ver­ei­nig­ten Stadt. Dabei wurden 1867, als die letz­ten Reste der Mauer verschwan­den, nicht alle Tore abge­ris­sen. Die Torhäu­ser des Leip­zi­ger Tores zwischen Leip­zi­ger und Pots­da­mer Platz muss­ten erst mit der Umge­stal­tung des Plat­zes Ende des 19. Jahr­hun­derts weichen.

Als Namen exis­tie­ren sogar die meis­ten Stadt­tore noch: Orani­en­bur­ger, Rosen­tha­ler oder Schön­hau­ser Tor sind aktu­elle Begriffe, das Halle­sche, Kott­bus­ser und Schle­si­sche Tor sind sogar als U‑Bahn-Statio­nen verewigt, der Wasser­tor­platz weist darauf hin, dass es hier zwischen Urban­ha­fen und Engel­be­cken den Luisen­städ­ti­schen Kanal gab, mit einem Wasser-Stadt­tor. Heute exis­tiert sogar ein “Tor”, dass es zu Zeiten der Stadt­mauer noch gar nicht gab: Das Frank­fur­ter Tor hat nichts mit der ehema­li­gen Stadt­grenze zu tun, die Mauer verlief dort entlang der heuti­gen March­lew­ski­straße.

Manche Tore hatten ihre Beson­der­hei­ten. So durf­ten Juden die Stadt nur durch das Rosen­tha­ler Tor betre­ten, gleich das erste Gebäude, noch in einem extra begrenz­ten Bereich, war die “Juden­her­berge”. Hier kam auch der spätere Philo­soph Moses Mendels­sohn an, als er im Herbst 1743, als 14-Jähri­ger aus Dessau kommend zuerst versucht hatte, am Halle­schen Tor Einlass zu finden. Man schickte ihn immer weiter, bis auf die andere Seite der Stadt. Doch sein Weg war uner­war­tet schwie­rig, denn der Junge musste noch die Spree sowie die damals nicht so zahme Panke über­que­ren — diese ohne Brücke.

Obwohl die Berli­ner Stadt­mauer schon seit über 150 Jahren nicht mehr exis­tiert, ist sie im Bewusst­sein der Stadt doch niemals ganz verschwun­den. 1994 bekam gar die alte Thor­straße — dies­mal in neuer Schreib­weise — ihren Namen zurück. Am “Platz am Neuen Tor” wurden sogar zwei Neubau­ten anleh­nend an die ehema­li­gen Torhäu­ser errich­tet, übri­gens nur 50 Meter entfernt vom letz­ten origi­nal erhal­te­nen Rest der Stadt­mauer: In der Hanno­ver­schen Straße inte­griert man das unter Denk­mal­schutz stehende Stück in die Fassade eines Neubaus! Dage­gen ist die “Stadt­mauer”, die mitten auf der Stre­se­mann­straße steht, ein Nach­bau, der einen Eindruck der dama­li­gen Akzi­se­mauer vermit­teln soll.

Aufgrund der Indus­tria­li­sie­rung und der damit verbun­de­nen Zunahme der Bevöl­ke­rung platzte Berlin Mitte des 19. Jahr­hun­derts bald aus allen Nähten. Die Stadt­mauer war teil­weise schon beider­seits eng bebaut, sie stellte nur noch ein Stra­ßen­hin­der­nis dar. Mit der Gebiets­re­form 1861, als Teile des Barnim einge­mein­det wurden (wie z.B. der Gesund­brun­nen), wurden auch die Tore geöff­net. Ein Jahr später begann der Abbruch der Stadt­mauer, der erst 1867 been­det war. Fast hundert Jahre lang war Berlin dann ohne Mauer, bis 1961 wieder eine gebaut wurde. Aber dies ist eine andere Geschichte.

print

Zufallstreffer

Moabiter Orte

Großmarkt Beusselstraße

An der Nord­­west-Ecke Moabits liegt zwischen Bahn­glei­sen, West­ha­fen­ka­nal, Char­lot­ten­bur­ger Verbin­dungs­ka­nal, Auto­bahn und West­ha­fen eine eigene Stadt: Der Berli­ner Groß­markt an der Beus­sel­straße. Und auch wenn dieser Stand­ort nicht so alt ist, begann die Geschichte des […]

Orte

Vergnügungspark West-Eisbahn

Längst aus dem Bewusst­sein der Berli­ner verschwun­den ist die West-Eisbahn im gleich­na­mi­gen Vergnü­gungs­park. 1891 direkt neben dem Bahn­hof Zoo errich­tet, der damals noch als Vorort­bahn­hof diente. Vergnü­gungs­park heißt, dass es dort veschie­dene Möglich­kei­ten zur Frei­zeit­ge­stal­tung […]

Schreibe den ersten Kommentar

Hier kannst Du kommentieren

Deine Mailadresse ist nicht offen sichtbar.


*